Ich
bin Sarah Mac Mullin, von Beruf Schlägerin, und werde gleich von der Kutsche
abgeholt, die mich in dieser kalten und finsteren Nacht zur Teufelsburg bringen
soll.
Denn heute ist ein wichtiger,
entscheidender Tag! Heute wollen wir, die Bruderschaft der wahren Lüge, endlich
die Macht über den Orden der offenen Geheimnisse erhalten. Das Problem ist nur,
dass ich meine Brüder und Schwestern noch gar nicht persönlich kenne und selbst
die Briefe haben wir nie mit unseren Namen unterzeichnet. Also weiß ich noch
gar nicht, wem ich heute vertrauen kann und wem nicht. Die Devise lautet:
Erfahre auf dem Weg zur Teufelsburg so viel wie möglich über die Mitreisenden
und gib so wenig wie möglich selbst Preis. Vielleicht kann ich schon unterwegs
einen kleinen Sieg für unsere Bruderschaft verzeichnen. Aber vorher steht eine
lange Reise vor mir, bei der ich herausfinden sollte, wer noch zu meiner
Bruderschaft gehört. Und wenn ich weiß, dass wir drei Kelche in unserem Besitz
haben, dann kann ich unseren Sieg verkünden, aber alles zu seiner Zeit und ein
Schritt nach dem anderen.
Die schwarze Kutsche fährt vor
und ich steige mit meinem geheimen Koffer und meinem versteckten Dolch in die
Kutsche hinein. Drinnen sitzen bereits drei weitere Leute. Die Frau im blauen
Kleid stellt sich als Gundla von Hohenberg vor, der bärtige Mann mit dem
Monokel nennt sich Basilius Kartov. Als letztes stellt sich Bruder Zacharias
vor, den man an Hand seines Gewandes und des Kreuzes, als solchen leicht
identifizieren kann. Ich setze mich auf den letzten freien Platz neben den
Bruder.
In der Kutsche herrscht eine
angespannte Atmosphäre vor und keiner will etwas sagen, um das bedrückende
Schweigen zu brechen. Also fahren wir etwa zehn Minuten lang weiter und die
Stille wird nur durch das Klappern der Kutsche auf dem Kopfsteinpflaster
unterbrochen. Wir beobachten uns gegenseitig, aber nur so lang die andere
Person wegschaut. Irgendwer von denen gehört zu meiner Bruderschaft der wahren
Lügen, nur wer? Ist es Gundla, Basilius oder Zacharias? Aber wenn ich nichts
tue, werde ich nichts erfahren.
Ich biete Zacharias meinen
geheimen Koffer zum Tausch gegen einen seiner Gegenstände an, denn wenn er
dieses Angebot annimmt, erhalte ich einen weiteren Gegenstand. Und je mehr
Gegenstände sich in meinem Besitz befinden, desto besser kann ich in den
Angriff übergehen. Wenn ich aus einem Kampf als Sieger hervorgehe, muss mir die
andere Person Ihre Papiere zeigen, die mir deren Gesellschaft und Beruf
verraten. Alternativ kann ich mir die Gegenstände, die diese Person mit sich
führt, ansehen und einen für mich behalten.
Warum soll Zacharias überhaupt
meinen Koffer annehmen, wenn ich doch so eindeutig einen Vorteil durch den
Tausch erhalte? Ganz einfach: Zum einen er kann einen schlechten Gegenstand
loswerden und zum anderen er ist der Besitzer des Koffers, sodass er beim
Tausch mit irgendwem auch einen Gegenstand erhalten würde. Wie erwartet nimmt
Zacharias meinen Koffer an und ich kann einen Mantel zu meinen Gegenständen
zählen. Der erste Bann ist gebrochen, es wird fleißig getauscht.
Ich sehe, wie mein Koffer und
der zweite Koffer immer wieder den Besitzer wechseln. Jeder Mitreisende hat nun
mindestens drei Gegenstände, aber sonst ist noch nichts bekannt. Und bisher
habe ich noch keinen einzigen Kelch in meinem Besitz. Aber für den Sieg meiner Bruderschaft
benötigen wir drei in unserem Besitz.
Aber das will ich nun ändern.
Ich greife Basilius an. Zacharias stellt sich auf meine Seite. Zusammen hätten
wir genug Kraft, um Basilius zu überwältigen und ich könnte erfahren, ob er in meiner
Bruderschaft ist, oder nicht. Aber warum stellt sich Zacharias auf meine Seite?
Er hätte doch nichts davon, wenn ich gegen Basilius gewinnen würde oder doch?
Gehört er zu meiner Bruderschaft oder hält er diese Geheimnistuerei einfach
nicht aus? Bevor ich diese Fragen beantworten kann, mischt sich Gundla ein und
hilft Basilius aus. Zwei Angreifer und zwei Verteidiger. In diesem Zustand kann
ich die Gesellschaft von Basilius nicht erfahren. Ist es das, worauf Zacharias
spekuliert hat? Wusste er, dass ich mit diesem Angriff sowieso nicht
erfolgreich sein würde? Wenn ich mich mit diesem Zustand zufrieden geben würde,
erhielte ich als Entschädigung noch einen Gegenstand aus dem Vorrat. Aber ich
habe noch einen Ass im Ärmel oder besser gesagt einen Dolch. Durch den Dolch
erhalte ich einen Vorteil beim Angriff, aber den Überraschungseffekt habe ich
nur einmal auf meiner Seite. Soll ich es wirklich jetzt schon ausspielen? Ja,
ich greife Basilius zusätzlich mit meinem Dolch an, doch Gundla zückt ihre
Peitsche und schlägt mir meinen Dolch aus der Hand. Sie hatte also auch eine
Waffe versteckt. Nun, da mein Dolch auf dem Boden liegt und von der Peitsche
umschlungen ist, kann ich den diese Runde wohl nicht mehr verwenden. Jetzt ist
es wieder ein Patt. Aber nicht umsonst bin ich ein Schläger! Mit einem gut
gesetzten Fausthieb, ist Basilius vorübergehend außer Gefecht gesetzt. Ich sehe
mir seine Papiere an.
Oh, vielleicht hätte ich doch
nicht ganz so brutal sein sollen, denn der Hypnotiseur gehört auch der
Bruderschaft der wahren Lügen an. Nun weiß ich, dass Gundla und Zacharias meine
Feinde sind, aber dieses Wissen dürfen die anderen noch nicht erhalten. Denn
sonst ist mein Vorteil verloren. Am besten gebe ich im nächsten Kampf vor,
nicht mit Basilius im Team zu sein. Denn wenn Gundla lediglich erfährt, dass
Basilius nicht bei ihr im Orden ist, dann könnte ich sie immer noch mit einer
netten Gefälligkeitsgeste davon überzeugen, dass Sie bei mir im Team ist.
Vielleicht erhalte ich dann einen der dringend benötigten Kelche von ihr?
...ich weiß, dass die Reise nun
nicht mehr so lang ist. In ein paar Minuten müssten wir bei der Teufelsburg
ankommen, aber den Sieg für die Bruderschaft werde ich schon jetzt verkünden.
Ich bin mir sicher, dass Basilius zwei Kelche besitzt und ich den dritten. Die
Perle, die es verhindert, dass ich den Sieg verkünde, bin ich in der letzten
Runde losgeworden. Was wäre, wenn Basilius einen Kelch an die anderen abgegeben
hätte und ich würde unrechtmäßig den Sieg verkünden? Es wäre eine Blamage! Es
wäre der Untergang für die Bruderschaft der wahren Lügen. Aber das kann diesmal
nicht der Fall sein. Ich wende mich an Gundla und Zacharias, halte meinen Kelch
in die Höhe und sage: "Hiermit verkünde ich den Sieg für die Bruderschaft
der wahren Lügen! Basilius, zeig denen deine zwei Kelche!" Ich sehe das
Entsetzen auf dem Gesicht von Gundla und ich genieße diesen Moment der
Überlegenheit. Dann wandert mein Blick zu Basilius, der auch erschrocken
dreinschaut. Beschämt holt Basilius einen Kelch aus seiner Tasche.
EINEN!...Zacharias zeigt den anderen Kelch und fragt: "Meinst du diesen
zweiten Kelch?" Mein Herz setzt für einen Augenblick aus. Ich kann es
nicht fassen! Ich schaue noch einmal in den Koffer, der sich in meinem Besitz
befindet. Dieser hat schon so oft den Besitzer gewechselt, dass ich weiß nicht
mehr, ob es derjenige ist, den ich mitgebracht habe oder, ob es der andere ist.
Hektisch öffne ich ihn und jetzt, da keine weiteren Gegenstände mehr im Koffer
sind, kann ich sehen, dass der Koffer einen doppelten Boden haben muss. Ich
klopfe, drücke und ziehe panisch an den unterschiedlichsten Stellen. Plötzlich
macht es klick und es öffnet sich eine Klappe. Darunter ist der letzte Kelch zu
finden. Es ist geschafft! Wir haben gewonnen, wenn auch nicht so, wie ich es
mir gewünscht habe, aber das spielt keine Rolle mehr.
Wir halten an. Basilius und ich
steigen als Sieger aus der Kutsche aus. Es war ein hart erkämpfter Sieg und ich
muss mit Basilius noch klären, warum er den zweiten Kelch nicht mehr hatte.
Die Reise ist vollbracht! Der
Orden konnte einen Sieg verzeichnen!
Fakten: Intrigen-Spiel
Spieler: 3 - 8 (10)
Spielzeit: 30 - 60 Minuten
Altersempfehlung: Ab 12
Webseite:
http://www.ludocreatix.com/kutschfahrt/index.html